Sprachgesellschaften

Sprachgesellschaften
Sprachgesellschaften,
 
im 17. Jahrhundert entstandene gelehrte Vereinigungen, die sich die Förderung der deutschen Sprache zum Ziel gesetzt hatten. Die Sprachgesellschaften bemühten sich in Opposition zur Alamodeliteratur und zur grobianischen Literatur um die Loslösung der deutschen Sprache von Fremd- und Dialekteinflüssen sowie um die Vereinheitlichung der Orthographie. - Die Sprachgesellschaften besaßen eigene Satzungen und setzten sich aus Angehörigen des Adels sowie aus bürgerlichen Gelehrten und Dichtern zusammen. Auf Empfehlungen und nach Verdiensten gewählt, erhielten ihre Mitglieder, um Standesunterschiede auszuschalten, einen Gesellschaftsnamen, unter dem sie ihre Werke veröffentlichten; fast alle bedeutenden Dichter und Dichtungstheoretiker der Zeit waren Mitglieder einer, oft auch mehrerer Sprachgesellschaften; Kontakt, Austausch und Anregungen der Mitglieder erfolgten durch Briefe, seltener durch Tagungen.
 
Sprachgesellschaften bestanden in Italien bereits seit dem 15. und 16. Jahrhundert; besonders nach dem Vorbild der Accademia della Crusca in Florenz wurde 1617 bei Weimar die Fruchtbringende Gesellschaft gegründet, die erste und bedeutendste der deutschen Sprachgesellschaften. Die »Deutschgesinnte Genossenschaft« wurde von P. von Zesen 1643 gegründet; sie war, wohl nach dem Vorbild der niederländischen Rederijkers, in Zünfte eingeteilt und hatte insgesamt etwa 200 Mitglieder; sie bemühte sich v. a. um die Wiederherstellung der deutschen »Ursprache«, zog sich aber durch einen übersteigerten Purismus den Spott der Zeitgenossen zu. Der »Pegnesische Blumenorden« (Nürnberger Dichterkreis), gegründet 1644, hatte in seiner Blütezeit, 1660-80, 58 Mitglieder und widmete sich neben gesellig virtuoser Dichtung auch der Dichtungstheorie. Weitere Sprachgesellschaften waren die »Aufrichtige Gesellschaft von der Tannen« in Straßburg, gegründet 1633 von J. Rompler von Löwenhalt; der »Elbschwanenorden« in Lübeck, gegründet 1660 von J. Rist; die »Neunständische Hänseschaft« (1643), das »Poetische Kleeblatt« (1671) u. a. Ende des 17. Jahrhunderts verloren die Sprachgesellschaften ihre Bedeutung, erloschen zum Teil ganz oder änderten ihre Ziele; die im frühen 18. Jahrhundert entstandene Deutsche Gesellschaft und ähnliche Vereinigungen knüpften zum Teil an die Tradition der Sprachgesellschaften an.
 
Bedeutung und Auswirkungen der Sprachgesellschaften werden unterschiedlich beurteilt; wichtig erscheinen neben den zahlreichen theoretischen Lehrbüchern die vielen Übersetzungen klassischer Werke aus den europäischen Volkssprachen, die neben Stoff- und Formvermittlung dazu beitrugen, die deutsche Sprache zu einem geschmeidigeren und präziseren Ausdrucksmittel in Vers und Prosa zu machen.
 
 
K. F. Otto: Die S. des 17. Jh. (1972);
 C. Stoll: S. im Dtl. des 17. Jh. (1973).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Sprachgesellschaften: Pflege der Volkssprachen
 

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Sprachgesellschaften — Sprachgesellschaften, Gesellschaften, welche sich zur Reinerhaltung von Ausländerei u. zur weitern Ausbildung der Sprache, nach dem Muster der italienischen Academia della Crusca, im 17. Jahrh. in Deutschland bildeten, s. Deutsche Literatur S.… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Sprachgesellschaften — nennt man die in der ersten Hälfte des 17. Jahrh. gegründeten Gesellschaften, die sich die Pflege der deutschen Sprache und Literatur zur Aufgabe machten. Neben der Fruchtbringenden Gesellschaft (s. d.), welche die Reihe eröffnet, und dem… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Sprachgesellschaften — Sprachgesellschaften, Gesellschaften des 17. Jahrh., pflegten die reine deutsche Muttersprache und die edle deutsche Poesie; zu ihnen gehörten: die Fruchtbringende Gesellschaft (s.d.), die Aufrichtige Tannengesellschaft (seit 1633 zu Straßburg),… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Sprachgesellschaften: Pflege der Volkssprachen —   Die Italiener gingen voran. Seit dem 15. Jahrhundert bemühten sich zahlreiche Gesellschaften um die Pflege der neuen Volkssprache. An ihrer Spitze stand, 1582 in Florenz gegründet, die »Accademia della Crusca«. Eine ihrer bedeutendsten… …   Universal-Lexikon

  • Sprachgesellschaft — Die Bezeichnung Sprachgesellschaften wurde im frühen 19. Jahrhundert für die im 17. Jahrhundert entstandenen deutschen Gesellschaften geprägt. Er spiegelt die „Spracharbeit“ wider, die allerdings nur einen Teil der Bestrebungen ausmachte. Die… …   Deutsch Wikipedia

  • Elbschwanenorden — Der Elbschwanenorden war eine barocke Sprachgesellschaft, die zwischen 1656 und 1660 gegründet wurde, 1667 einging und der insgesamt 46 Mitglieder angehörten. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Satzung 3 Bekannte Mitglieder …   Deutsch Wikipedia

  • deutsche Sprache. — deutsche Sprache.   Die deutsche Sprache bildet im Rahmen der indogermanischen Sprachen die Gruppe der germanischen Sprachen.    Verbreitung   Die deutsche Sprache wird von rd. 100 Mio. Menschen in Deutschland, in Österreich, in Liechtenstein, in …   Universal-Lexikon

  • Deutsche Sprachgeschichte — Die historische Entwicklung des deutschen Sprachraumes Das deutsche Sprachgebiet um 19 …   Deutsch Wikipedia

  • Euphuismus — Schwulst (von mhd. swulst zu swëllen „Anschwellung“) war ursprünglich der Ausdruck für eine Schwellung oder für das Geschwollene. Das Adjektiv schwulstig, dem das heutige schwülstig entspricht, wurde im Frühneuhochdeutschen schon von Luther in… …   Deutsch Wikipedia

  • Schwulststil — ist eine Bezeichnung der Literaturkritik, die sich im 18. Jahrhundert etablierte und der Literatur des Barock rückwirkend prunkhafte Aufgeblasenheit vorwarf. Im engeren Sinne gilt Schwulst als Merkmal des manieristisch übersteigerten Einflusses… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”